Das Misereor-Hungertuch 2023 „Was ist uns heilig?“

Das Misereor-Hungertuch 2023 „Was ist uns heilig?“

Kategorie(n): alle Gemeinden, Allgemein
Das Misereor-Hungertuch 2023 „Was ist uns heilig?“ von Emeka Udemba. – © Härtl | Misereor

Klima, Kriege, Pandemien: Die komplexen Multikrisen unserer Tage führen uns vor Augen, wo die Schwachstellen unserer politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen liegen. Auch wenn Krisen immer verzahnter werden und sich gegenseitig verstärken, ist und bleibt die Klimaveränderung die fundamentale Frage unseres Überlebens.

Dieses Szenario zielt mitten in das Hungertuch des nigerianischen Künstlers Emeka Udemba. Sein farbenstarkes Bild ist als Collage aus vielen Schichten ausgerissener Zeitungsschnipsel, Kleber und Acryl aufgebaut: Nachrichten, Infos, Fakten, Fakes – Schicht um Schicht reißt und klebt der Künstler diese Fragmente und komponiert aus ihnen etwas Neues.

In einen freien rötlichen Raum ohne Horizont hineingesetzt, ragen zwei Unterarm- und Hand-Paare offen in die Fläche hinein: Form und Farbe nach gehören sie zu einem dunkelhäutigen Mann und einer weißen Frau. Die Hände sind gleichermaßen Gottes Hände und unsere Hände, die Hände der gesamten Menschheit, ein Paar Frauen- und ein Paar Männerhände. Nach Gottes Bild geschaffen, schwarz und weiß. Sie gehören zu Menschen verschiedenster Regionen und Kulturen.

Die Hände berühren gemeinsam sachte die Erdkugel. Die blaue Farbe erinnert an den Beginn der Bibel – der Geist schwebt über dem Wasser. Physikalisch ist die Erde entstanden aus dem Urknall. Alles Leben besteht aus den Elementen Wasserstoff, Helium, Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff. Wir bestehen aus und leben zugleich von diesen Bauteilen. Wir sind Teil der Schöpfung und Teil des Universums.

Die Hände halten die Kugel gemeinsam, lassen ihr aber auch Spielraum. Die Kugel bleibt in der Schwebe von Halten und Loslassen, Schutz und Preisgabe.

Rollt die Kugel im nächsten Moment nach links unten in den roten aufgeheizten Raum hinein? Wird sie kippen wie unser Klima? Die Erdkugel – gute Schöpfung und Heimatplanet oder Spielball verschiedenster Interessen?

Der sog. Overshoot Day wird auch „Erdüberlastungstag“ genannt. Seit 1961 wird er vom „Global Footprint Network“ errechnet. Die Grundlage ist unser ökologischer Fußabdruck. Das bedeutet, ab diesem Tag sind die verfügbaren Ressourcen des Jahres verbraucht und die Menschheit lebt auf Kosten ihrer Kinder. Darunter leidet vor allem die Umwelt – aber auch kommende Generationen. Im Jahr 1972 war dieser Tag erst am 28. Dezember. Ab diesem Zeitpunkt begann das Ungleichgewicht: Die systematische Bedrohung hat ständig zugenommen und im letzten Jahr waren die Ressourcen der Erde bereits am 29.07.2022 verbraucht!

Gott schuf diese Welt und gab sie uns, damit wir uns um die Schöpfung kümmern, sie bewahren. Wir haben das Recht, das zu nehmen, was wir zum Überleben benötigen. Heute sehen wir das Gegenteil: Wir verbrauchen zu viel, mehr als vorhanden ist. Das Ergebnis: Der Planet wird von Tag zu Tag wärmer, es gibt massive Überschwemmungen – auch in Deutschland – und Pandemien nehmen zu. Wir Menschen haben nur diese eine Welt –  und wenn wir sie nicht richtig behandeln, wird sie uns „ins Gesicht springen“. Wie kommen wir heraus aus der Spirale der Zerstörung? Wie kann das Leben gewinnen? Was ist uns so wichtig, dass wir es nicht antasten?

Wenn man ganz genau hinschaut, dann ist im Zentrum des Hungertuchs zu lesen: „Vom Anfang“. Lassen wir uns zurück zu diesem Anfang führen: Von Schöpfung zu sprechen, ist mehr als nur „die Natur“ zu meinen. Es hat mit einem Plan der Liebe Gottes zu tun, in dem jedes Geschöpf einen Wert besitzt und nicht verfügbar ist.

Was ist uns noch heilig?
Was ist unverfügbar?
Was tasten wir nicht an?
Was ist uns das Leben wert?

Diese Fragen laden ein, das Bild zu entdecken und so Teil einer neuen und weltumspannenden Schöpfungs-Erzählung zu werden.

Weitere Infos und Materialien unter: www.misereor.de

DEIN BLAUES WUNDER

Uns in die Hände gegeben
die Hände des Südens
die Hände des Nordens
dein blaues Wunder
es zu hören, es zu hüten
von ihm zu leben

Ein kleiner Vogel
baut sein Nest

Das Lied der Güte
zum Schweigen gebracht
Das Atmende verdingt
an den Meistbietenden
verschachert
das Erbe

dein blaues
dein blutendes
dein weinendes Wunder

 

Jacqueline Keune
in: Dein Blaues Wunder.
Meditationen zum Hungertuch
© Jacqueline Keune